Wir lieben subkulturelle Filme, damit sind wir groß geworden, sie stehen im Zentrum unserer Arbeit. Aber, im Zentrum steht eben auch der Film an sich. Filme, die uns berühren, bewegen, mitnehmen und uns wichtig sind. Oder anders: Was macht man mit Filmen, die man liebt, die aber – zumindest auf den ersten Blick – thematisch woanders liegen? Ganz einfach, man nimmt sie auf. Denn, in erster Linie fühlen wir uns dem Film und unserem Publikum verpflichtet. In zweiter Linie, und dieses Gespräch hatten wir schon damals, mit dem Film DER MANN, DER NIE IM ALL WAR, sehen wir in all unseren Filmen rote und ganz wunderbare Linien, die alle miteinander verbinden und Gemeinsamkeiten offenlegen.
Unsere Filme porträtieren Menschen mit ihren Leidenschaften, Missionen, Anstrengungen und Motivationen; um welche Gegenstände sich ihre Träume und Köpfe letztlich drehen – Graffiti, Skateboards, Fußball, Weltall … – vielleicht ist dies, ganz nüchtern geguckt, zweitrangig, weil wir vor allem fasziniert auf die Menschen schauen, die in ihrer eigenen Welt ganz wunderbare Dinge realisieren, für sich und ihre Blase, manchmal auch für viele Menschen außerhalb ihres Kosmos; aber egal, wie die Welt ‚da draußen‘ reagiert, sie ziehen durch, gegen alle Widerstände, Herausforderungen und Grenzen. Einfach großartig, ein filmischer Pool an Träumen und Zuversicht.
Vor diesem Hintergrund haben wir nicht lange überlegen müssen, PROVISORIUM, nehmen wir den Film auf?! Wir wussten sofort, dieser Film muss zu uns. Nicht weil es Markus Lenz ist, der schon zwei Filme bei uns hat (RUINA, CLANDESTINA MENTE), sondern weil es ein Film ist, der leider zu gut in unsere Welt passt. Eine Welt, die immer mehr Kriege kennt und zulässt und gleichzeitig immer seltener über Frieden spricht.
Frieden, wie geht das? Nicht als schrille Forderung auf rechten Demos oder skurrilen Flugblättern, sondern ernst gemeint, auf Augenhöhe, im Austausch und mit Blick auf alle Beteiligten und mit der Idee, alle sollen im Guten leben.
Markus Lenz hat fünf Jahre in Kolumbien verbracht, ein Land, was sich Jahrzehnte im Bürgerkrieg befand, Hunderttausende sind gestorben, vermisst, verletzt; das ganze Land ist mit Narben und Traumata durchzogen. Und dennoch, 2016 wird ein Friedensvertrag unterschrieben, das unmögliche scheint greifbar.
Und jetzt? In diesem Prozess und Umbruch leben und kämpften Vicky und Yulieth, zwei kolumbianische FARC-Rebellinnen. Sie geben ihre Waffen ab, nehmen an Programmen und Workshops teil, beginnen eine Ausbildung, ein neues Zuhause, neue Wege und Möglichkeiten eröffnen sich, und vor allem eine Perspektive in Frieden. Kann so ein Weg gelingen? Ja. Aber es bleibt eine dauerhafte Aufgabe, gegen politische und auch militärische Widerstände, mit Herausforderungen und auch Opfern.
Vicky und Yulieth nehmen Markus Lenz mit in ihre Welt, sie sprechen über Herausforderungen, Probleme, aber auch über Wünsche und Träume und ihren ganz persönlichen Weg in Richtung Frieden sowie die Angst, dass es am Ende nicht reichen könnte, sich Frieden zu wünschen und alles dafür zu tun.
Lasst uns gemeinsam schauen, wie Frieden funktionieren und sich anfühlen kann, auch und vor allem nach Jahrzehnten des Krieges. Lasst uns Hoffnung schöpfen und aus Herausforderungen lernen. Das kann das Kino leisten, das muss das Kino leisten. Los gehts!
Vom 02.04. – 15.05. sind wir auf Tour, zusammen mit Markus Lenz. Ab dem 01.05. ist der offizielle Kinostart.
Wir laden euch hiermit alle herzlich ein, den Film zu besuchen, zu sehen und in euren Kinos zu zeigen.
Trotz aller politischer Widrigkeiten,
beherzte und cineastische Grüße
Rotzfrech Cinema
