Pixadores, Amir, ich weiß nicht, wo ich beginnen soll …
Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Die Emotionen, sie sind überall. Ich will euch am liebsten allen und ganz schnell und ausführlich erzählen, warum dies der beste Film der Welt ist, warum er mich seit 9 Jahren begleitet, wie ich durch ihn zum Filmverleiher geworden bin, warum ich nicht schlafen kann, wenn ich Nachts an diesen Film denke, warum ich all das nicht fassen kann, warum ich vor Freude weine, wenn mir die Produzentin schreibt, dass sie sich unendlich freut, dass wir uns für ihren Film verantwortlich fühlen, warum ich so große Erwartungen in mir spüre, dass ich denke, dass ich diese niemals erfüllen kann und warum und vor allem ich einfach nur will, dass ihr alle auf diese Tour kommt, um Amirs Film zu sehen und er endlich, endlich seinen verdienten Applaus kriegt. Ich will, dass ihr wirklich alle kommt. Nicht wegen uns, sondern weil Amir und sein Film es wirklich, wirklich verdient haben. 2014 wurde PIXADORES veröffentlicht, damals in Helsinki. 10 Jahre ist dies nun her. 2015 hab ich den Trailer zum ersten Mal gesehen, und den Verantwortlichen danach 3 Jahre(!) lang E-Mail um E-Mail geschrieben; Antworten gab es kaum. Ich wusste nur, diesen Film will ich sehen. 2018 gab es dann endlich ein GO, wir durften den Film zeigen und sehen, einmal in Jena im Café Wagner, einmal in Erfurt im Retronom. Danach wäre er wieder zurückgegangen, zurück ins Archiv. Das brach mir irgendwie das Herz, alles sträubte sich in mir. Ich dachte, dieser Film, der kann nicht wieder zurück, das können niemals die einzigen Screenings gewesen sein (Der Film wurde in der ganzen Zeit faktisch nirgends gezeigt, nirgendwo in Europa). Ich wollte mich unbedingt verantwortlich fühlen, dieser Film musste unbedingt zu seinem Publikum. Erneut begannen Gespräche, der damalige Verleiher wollte einiges, viel zu viel. Wir verhandelten, sprachen, diskutierten. Ich wollte zustimmen, Amir sagte, nein, der Preis sei viel zu hoch, vor allem, weil wir das Geld nicht hatten. Ich stimmte dennoch zu, es musste einfach voran- und weitergehen; denn zeitgleich hatten wir schon die Idee gesponnen, dass wir mit dem Film, der uns eigentlich gar nicht gehörte, auf Tour gehen, eher wie eine Art Wanderkino, was beim Verleiher die Rechte dafür kauft. Alles irgendwie schräg, aber ja, es waren die ersten Schritte als Verleiher, ohne, dass wir damals wussten, was das eigentlich genau bedeutet. Für mich war klar, ich will mich verantwortlichen fühlen, Punkt; und eine Tour erschien mir genau das richtige Mittel zu sein. Ich sprach mit Freunden und Freundinnen von Freunden, und so kamen insgesamt 10 Orte zusammen, an denen wir PIXADORES zeigen konnten. Aber es fehlte überall Geld, für Sprit, und vor allem für die Lizenz. Ich schrieb einen großen Antrag, der wurde abgelehnt, nun standen wir da. Es fehlten gute 3000 Euro. Auf meine Nachricht, dass der Antrag nicht durchging, schrieb mir Matti Cordewinus damals folgendes: „Das tut mir leid. Aber es nützt alles nichts, du musst einfach weitermachen.“ Das motivierte mich ungemein. Die Nachricht hängt seitdem ausgedruckt in meiner Küche. Scheiß aufs Geld, es wird schon irgendwie klappen, „meine Subkultur hat mich noch nie enttäuscht“, hab ich mir und uns immer wieder gesagt. Und so sollte es auch kommen. Basti machte grandiose Plakate, Ludwig einen unglaublichen Siebdruck. Und irgendwann ging es einfach los. Ich, alleine durch Deutschland, und im Gepäck diesen Film. Ich wusste nicht, was mich erwartete, ich war einfach immer nur aufgeregt. Die Einfahrt nach Berlin und Hamburg war der Horror. Ich dachte nur, die großen Städte, alle werden lachen, was mache ich hier, was soll das, ich und dieser Film. Aber ey, es war so krass. Ich hatte mit ganz vielem gerechnet, aber nicht damit. ALLE waren nett, nach vier Tagen hatten wir fast alles Geld eingespielt, es war emotional kaum zu greifen, ein einziger Traum, aber ich hatte niemanden mit dem ich diese Reise teilen konnte, weil ich ganz alleine unterwegs war. Ich konnte immer anrufen, schwärmen, strahlen, aber ja, es konnte keiner nachfühlen, weil keiner jeden Tag dabei war. Die Tour fand irgendwann ihr Ende, vollgepumpt mit Euphorie und Eindrücken wusste ich endlich wo ich hingehöre, ins Kino. Eine tolle Erkenntnis. Es kamen weitere Filme, wir lernten viel, jeder Film eine eigene Mission, traumhaft. Doch PIXADORES ging mir nicht aus dem Kopf. Er lag immer noch im Archiv, fast ungesehen. Das Problem war also immer noch ungelöst. 2020 oder so kam die Idee, komm wir machen eine DVD. Das wäre doch was. Die Gespräche mit dem Verleiher begannen von neuem, diesmal viel aufgeschlossener; aber diesmal etwas zugeknöpfter von unserer Seite. Warum sollen wir eigentlich immer mit denen sprechen? Darin liegt doch das eigentliche Problem, es ist ihr Film (um den sie sich nicht kümmern) und nicht unserer. Da müssen wir ran. Woraufhin die Diskussion nochmal ganz anders begann, nämlich mit der Produktionsfirma, vermittelt über Amir. Irgendwie ging dann alles ganz schnell. Auf einmal war der Vertrag mit dem ursprünglichen Verleiher gekündigt und wir hatten die weltweiten Filmrechte. Viele, viele Jahre nach der ersten Mail war der Film nun angekommen, im Hafen von Rotzfrech Cinema. Jetzt konnte nix mehr passieren. Los, Amir, lass uns auf Tour gehen, jetzt geht es zum Applaus. Doch dann blieb alles stehen. Amir ging es nicht gut, überhaupt nicht gut. Wir hatten uns noch nie persönlich gesehen, aber ich fühlte mich seinen schweren Nachrichten. Ich sagte immer wieder „take your time“, ich warte so lange bis du wieder gesund bist, egal wie lange das auch ist. So vergingen die Monate, fast ein Jahr. 2023, ein Anruf, Amir aus Helsinki. Er fragte mich, ob ich immer noch an seinen Film glaubte – was für eine Frage. Auf jeden Fall, unbedingt. Er fragte, ob wir ihn nicht einfach bei YouTube hochladen sollten, er sei doch schon so alt, niemand würde diesen Film noch sehen wollen. Auf keinen Fall, Amir. Du wirst sehen, die Leute werden deinen Film lieben, und außerdem geht es jetzt endlich darum, dass du auf dein Publikum triffst, dass du siehst, wofür du viele Jahre gearbeitet hast, dass die
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