Zwischen Graffitivideo, Dokumentation und Mockumentary ist Art Inconsequence – Advanced Vandalism sicher eines der ersten Szenedokumente, das abweichende Konzepte im illegalen Graffiti in Serie darstellt. Auch gehören die seriellen Werke selbst darin historisch wohl mit zu den ersten ihrer Art, sicherlich in der gezeigten Konsequenz.
Der Film hat eine strenge Form. Er ist aufgeteilt in sechs Kapitel, mit dazwischengelegtem Auftauchen einiger Einzelwerke, die wie Kommentare wirken. Das erste und letzte Kapitel bilden dabei zusammen einen Rahmen. In beiden werden streng schwarz-weisse, auf Throw-Ups basierte Werke gezeigt, was mit einem damals radikalen Back-to-Basics nur die Basis einer später stattfindenden ‚Entartung‘ derselben legt. Darauf folgt nur noch eine Art Signatur, die keine ist.
Dazwischen wird de-konstruiert, was das meist rollende Material aushält: Reduktion auf reine Linie, Schrift, Symbol, Figuration oder – wahrscheinlich am eindrucksvollsten – Farbfeldmalerei. Manchmal gibt es Herleitungen oder Überlagerungen, doch der Fokus liegt klar auf dem reinen, seriell durchgezogenen Experiment als Statement.
In dem gleichnamigen Buch zum Film schreiben die Machenden auch von ihrer Motivation, „den Zuschauer in die Position zu versetzen: ‚So könnte ich die Dinge (in unserem Fall die Graffitiwerke) ja auch sehen‘, um so einer Sichtweise den Boden zu bereiten, die mit dem Wissen um die Möglichkeit, dass sich manchmal hinter einem zufällig gesehenen Artefakt von ‚Vandalismus‘ ein weites, zu entdeckendes Universum von Inhalt und Zusammenhang versteckt.
(…) Die geballte Konfrontation mit solchem künstlerischen Wollen und Handeln macht dessen Vielschichtigkeit erlebbar. Dadurch kann auch diesem einzelnen Machwerk ein viel breiteres Spektrum an Erfahrungen abgewonnen werden, als man jemals gedacht hätte.
Die Aufnahmen führen uns an Schauplätze, wo sich Schönheit und Absurdität treffen, jenseits der Gesetze unserer Gesellschaft und der unserer Erwartungen.“
Art Inconsequence – Advanced Vandalism hat vieles ausgelotet und vorweggenommen, was heute zwar noch immer avantgardistisch genannt werden kann, aber inzwischen selbst eine kleine neue Tradition von experimentellerem Graffiti darstellt. Im Fundament dieses Subgenres hat der Film unzweifelhaft seinen festen Platz.
Sowohl der Regisseur, als auch der eine oder andere gezeigte Künstler haben sich erlaubt, eine Menge kleiner ironischer Spässe und Hinweise einzuflechten. Diese verdichten sich umso mehr, je tiefer der Zuschauer in bestimmte Zusammenhänge verstrickt ist, von denen die herkömmliche Graffitiszene nur einer ist. Manchmal, wie im echten Leben, ist eben der grösste Witz die grösste Weisheit, und die grösste Weisheit der grösste Witz. Oder, wie ein Künstler neben ein Bombing schrieb: From the ridiculous to the sublime – and back.
Konzept u. Regie
Robert Kaltenhäuser
Veröffentlichung
2007
Sprache
Deutsch
Laufzeit
70 Minuten
Untertitel
Englisch